Postmodernes Flanieren


Postmodernes Flanieren im ästhetischen Kapitalismus

Von Mateusz Kminikowski

 

            Ehe man die Thematik des Flanierens aufgreift, sollte man sich die Frage beantworten, was unter dem Begriff ‘ästhetischer Kapitalismus’ zu verstehen ist. Es ist kein Geringerer als der berühmte Hegel, der als erster das System der Begehrnisse des Menschen als Ursprung der ökonomischen Szene thematisiert, die derzeit lt. Stiegler als libidinöse Wirtschaft beschrieben werden könnte, denn sie kapert unsere Aufmerksamkeit und unsere Libido (Stiegler 2008).

            Im Laufe der Zeit, als aus dem prähistorischen Menschen der heutige postmoderne Mensch hervorging, vollzog sich eine Fülle von ästhetischen Prozessen, sowohl in der Psyche menschlicher Individuen, als auch in deren Umfeld. Dies trug zur Verfeinerung und Sublimierung menschlicher Perzeptionen bei. Und daraus entwickelte sich schließlich der ästhetische Kapitalismus, d.h. der frühere, eher gröbere Kapitalismus musste sich den neuen Ästhetisierungsformen anpassen (Hegel 1955).    

            Im ästhetischen Kapitalismus ist man permanent von Waren/Produkten/Erzeugnissen umgeben, die über ihren materialen Gebrauchswert hinaus auch kreative und genußorientierte Qualitäten verkörpern und vermitteln. Dabei geht es auch um mehr. So um Fragen danach, wer dieses System weiterentwickelt und popularisiert – ist es eine bestimmte kapitalistische Schicht der Gesamtgesellschaft, die daraus Vorteile zieht, oder sind es die kulturell Kreativen, die das Leben gestalten wollen? Und entsteht dabei etwas was man „subtile Kontrollgesellschaft“ nennen könnte? (Zacher 2009)

            Eine besondere Lebens- und Schönheitserfahrung des Postmodernismus, und damit auch des ästhetischen Kapitalismus, ist das Flanieren, welches inbesondere Stadtbürgern eigen ist. Dessen Wurzeln gehen auf Paris zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurück, wo es schon im Jahre 1822 gut durchdachte Strassen mit vielen Geschäften gab (Benjamin 1991). Der Kulturphilosoph Gernot Böhme charakterisierte das Flanieren als bestimmtes Freizeitverhaltenmuster postmoderner Menschen, dabei insbesondere der sog. leisure/aesthetics class  Böhme 2016).

            Anhand folgender Bilder, die Stadtmenschen beim Flanieren zeigen, können Sie die bisher nur kurz umrissenen Ästhetisierungsprozesse vielleicht noch besser visualisieren und vergegenwärtigen.

 

Quellen:

B. Stiegler, Die Logik der Sorge. Verlust der Aufklärung durch Technik und Medien, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2008, 1. Auflage, s. 118.

G. W. F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts. Mit Hegels eigenhändigen Randbemerkungen in seinem Handexemplar der Rechtsphilosophie, herausgegeben von Johannes Hoffmeister, Hamburg: Felix Meiner 1955, 4. Auflage, s. 190.

L. Zacher, Biowładza i biopolityka (refleksje, przykłady, predykcje), [w.] Wiedza - władza, Lublin 2009, s. 98.

W. Benjamin, Das Passagen-Werk, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. V, Frankfurt / M.: Suhrkamp 1991, und ders., „Der Flaneur” (Teil II von Charles Baudelaire. Ein Lyriker im Zeitalter des Hochkapitalismus), in: ders., Gesammelte Werke, Bd. I.2, Frankfurt / M.: Suhrkamp 1991, s. 537-569.

G. Böhme, Ästhetischer Kapitalismus, Suhrkamp Verlag, Berlin 2016, 1. Auflage, s. 122-123.